Unter seinem griechischen Synonym Kapetan Kottas ist dieser Akteur in der mazedonischen Geschichtsschreibung nicht bekannt. Man nennt ihn „Kote od Rulja“ (Kote aus Rulja) oder Rulja Kote.
Kote war ein sogenannter Gräkomane. Ein Mazedonier der sich der „griechischen Sache“ im Kampf um Makedonien anschloss. Dort, in Nordgriechenland, wird esr heute als Volksheld geehrt. Sein Dorf in dem er geboren wurde, bekam ihm zu Ehren seinen Namen und heißt heute Kottas.
Mazedonier-Gräkomanen nennt sich unsere neueste Lesereihe, in der wir ein Auge auf jene Mazedonier werfen, die man in Mazedonien Grkomani nennt. Auch wenn sie eine andere Doktrin folgten, sind sie Teil der blutigen mazedonischen Geschichte. Den ersten Teil haben wir vor kurzem veröffentlicht.
Kapetan Kottas – Kotes Karriere begann als Gesetzloser
Kapetan Kottas wurde 1863 im Dorf Roulia (griechisch Ρούλια, mazedonisch Руља/Rulja) geboren und war von 1893 bis 1896 Ältester im Dorf. Er begann 1898 mit antiosmanischen Rebellenaktivitäten und tötete vier örtliche osmanische Beamte.
Ohne Bildung blieb für Kote kein anderer Weg als ein Gesetzesloser zu werden. Und so fand er sich in einer Gruppe von Heiducken wieder (Ajduci/mazedonisch).
Im Frühjahr 1898 rebellierte er zusammen mit Pavel Kirov (ebenfalls ein Gräkomane, mit späteren gräzisierten Namen Pavlos Kirou) aus dem Dorf Zhelevo mit einer kleinen Truppe und umzingelten Koreshta. Diese Bande war an geringfügigen Angriffen, Diebstählen und Morden an türkischen Beys beteiligt, unter welchen die Bevölkerung Gewalt erlitten hatte.
Kote und seine Bande liquidierten die osmanischen Beamten Kasim Bey, Habedin Bey aus Kostur, Nuri Bey aus Khrupishta, Jemail Bey aus Korcha, Nuri aus Lerin und andere.
Diese Liquidationen erregten Aufmerksamkeit bei den türkischen Behörden und im Dorf Pesoder wurde Kote gefangen genommen. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und verbüßte seine Strafe in Korča.
Als Ex-Sträfling erster kontakt zu mazedonischen Revolutionären
Im Jahr 1899 wurde Kote jedoch aus dem Gefängnis entlassen und kam mit Pavel Hristov und Lazar Pop Trajkov in Kontakt, den Führern der Mazedonischen Revolutionsorganisation in der Kostur Region (neugriechisch, Kastoria). Im Einklang mit der Politik der Organisation luden sie ihn ein, sich den Prinzipien der Organisation zu unterwerfen und Teil der mazedonischen Revolutionsbewegung zu werden.
Nach seinem Beitritt zur Organisation leitete Kote eine im Mai 1900 gegründete kleine Truppe bis zur Ankunft von Voivode Marko Lerinski. Nach seiner Ankunft rebellierte Kote mit vier Personen und begann, die Region Kostur zu bereisen.
Auch nach seinem Beitritt zur Organisation gab Kote seine heiduckischen Gewohnheiten nicht auf und geriet dadurch in Konflikt mit der Führung der Organisation, indem er weiter geringfügige Raubüberfälle und Erpressungen verübte. Dies war jedoch von der Organisation verboten – Mitglieder wurden hart bestraft wenn sie dagegen verstoßen hatten.
Da die Bewaffnung und Mannesstärke der Organisation noch nicht vollständig aufgebaut war, wurden solche Tätigkeiten von Kote stillschweigend von der Organisation geduldet. Kote führte daher weiterhin verschiedene Aufgaben für sie aus, wie z. B. verschiedene Liquidationen, die Übergabe von Organisationsdokumenten oder Waffenschmuggel.
Die Organisation konnte aber solche Aktivitäten von Kote jedoch nicht mehr dulden und er wurde wegen seine vergehen zum Tode verurteilt. Im Oktober 1900 wurde ein erfolgloser Versuch unternommen ihn zu liquidieren. Und ab hier ändert sich die Geschichte Kottas. Oder sagen wir, ab hier beginnt seine Geschichte als Grieche…
Wie aus dem Mazedonier Kote Hristov der griechische Nationalheld Kapetan Kottas wurde
Obwohl Kottas „ein Slawophoner“ war und nur Mazedonisch sprach, hatte er eine griechische Identität und ein nationales griechisches Bewusstsein – so lautet die Version in Griechenland heute.
Ursprünglich war er jedoch Mitglied der Bewegung der Internen Mazedonischen Revolutionären Organisation (IMRO/VMRO). Soll sich aber getäuscht gefühlt haben, angeblich „als ihm die wahren Ziele der IMRO klar wurden“.
Ob das aber der wahre Grund für seine plötzliche griechische Besinnung war? Oder war es die Gewissheit, wie ein altes mazedonisches Sprichwort besagt, dass „die Hand der IMRO lang ist“, und er dem Todesurteil nicht entkommen kann?
Dieses Sprichwort spricht Bände. War jemand von der IMRO zum Tode verurteilt worden, konnte er sich kaum der Vollstreckung des Urteils entziehen. Meist wurden sie per Attentat gerichtet.
Deshalb sind nicht wenige Historiker der Meinung, dass der Wandel vom Mazedonier Kote Hristov zum Griechen Kottas Christou auf dieses gegen ihn ausgesprochene Todesurteil zurückzuführen ist. Sie unterstreichen diese Meinung mit einem bezeugten Geschehnis:
Laut dem Einwohner von Kastoria Georgi Rajkov war Kottas einst der Initiator dafür, dass seine Dorfbewohner auf das griechische Patriarchat (=griechische Kirche) verzichteten und das bulgarische Exarchat (=bulgarische Kirche) anerkannten. Laut Rajkov versuchte Kottas auch, den griechischen Metropoliten Philaret zu töten, aber der Metropolit erlangte Erkenntnis über den Komplott und vermied den gelegten Hinterhalt.
Es ist also davon auszugehen, dass eine „griechische Identität“ bei Kapetan Kottas erst später sich entwickelte. Wenn es denn eine überhaupt gab.
Todesurteil drängte ihn ins griechische Lager
Kottas wurde von der IMRO zweimal wegen Mordes an ihren Mitgliedern zum Tode verurteilt. Die IMRO beschuldigte ihn auch unter dem Vorwand des Diebstahls. Kottas knüpfte daraufhin Kontakte zum griechischen Bischof von Kastoria, Germanos Karavangelis, um seinen persönlichen Kampf gegen die IMRO zu organisieren.
Seine Mission war es, den IMRO-Führer (Voivoden) Lazar Pop Trrajkov und andere Führer zu töten, „um die griechische Zivilbevölkerung zu schützen“, sagt man heute in Griechenland. Karavangelis finanzierte seine Truppen, stellte jedoch Bedingungen.
Kote akzeptierte die Forderungen des Metropoliten, erhielt im Gegenzug ein Gehalt von 10 türkische Lira von ihm und schickte seine beiden Söhne zum Studium nach Athen, wo sie von Pavlos Melas empfangen wurden. Trotz der Vereinbarung stellte sich Kote jedoch immer noch nicht offen auf die Seite der griechischen Propaganda und setzte seine Tätigkeit in der Mazedonischen Revolutionären Organisation fort.
Goce Delčev hatte Kottas wiederholt begnadigt und vergeblich versucht, ihn zu reformieren, bevor er schließlich von der IMRO geächtet wurde, nachdem er in den Dienst des griechischen Bischofs getreten war.
Zur Zeit des Ilinden-Aufstands (1903), als alles alte Unrecht im Namen des gemeinsamen Kampfes vergeben wurde, wurde Kottas auf Drängen von Lazar Pop Trajkov, dem Voivoden den Kottas töten wollte, von der IMRO zurückgenommen. Ein fataler Fehler:
Während des Aufstands war Pop Trajkov verwundet worden und hatte bei Kottas Zuflucht gesucht, der die Gelegenheit nutzte, um ihn zu töten und seinen Kopf den Griechen zu präsentieren. Ein altes mazedonisches Volkslied überliefert diese Tat bis heute.
Der griechische Bischof war wegen seiner slawischen Muttersprache und seinem Hass auf Türken misstrauisch gegenüber Kottas. Sein Verhalten gegenüber den Osmanen stellte meist ein Hindernis für die griechische Taktik dar, da es oft notwendig war, mit den osmanischen Offizieren gegen den Feind (IMRO) zusammenzuarbeiten.
Straftat kostete Kapetan Kottas das Leben
Als Gesetzloser konnte sein Schicksal fast auch nicht anders enden, als das eine Straftat ihn sein Leben kosten würde.
Kottas entführte Petko Janev, einen mazedonischen Saisonarbeiter der kürzlich aus Amerika zurückgekehrt war. Er folterte ihn und seine Familie, bis der arme Janev alle Ersparnisse, die er aus Übersee mitgebracht hatte, herausgeholt hatte. Janev aber beschwerte sich jedoch heftig beim Vali Hilmi Pascha selbst und bei ausländischen Konsuln.
Dies zeigte Wirkung: Der britische Konsul drängte Hilmi Pascha zum Handeln, und schließlich wurde Kottas von den Osmanen deswegen verhaftet. Und er bekam sein Verfahren und Urteil.
Kottas wurde 1905 in Bitola am Galgen hingerichtet. Seine letzten Worte vor dem Erhängen, die er in seinem Heimatdialekt aus dem unteren Prespa-Palast sagte, sollen laut griechischer Propaganda: „Lang lebe Griechenland!“ gewesen sein.
Der Verlust von Kottas schwächte die griechische Bewegung in Ägäis Mazedonien.
Historiker rätseln noch immer über seine Motive
Er wird in Griechenland als Nationalheld verehrt und gilt als slawophoner Grieche und als einer der „wichtigste Kämpfer im griechischen Kampf um Mazedonien“. Während er bei den Mazedoniern als räuberischer Kriegsherr und vor allem Gräkomane gesehen wird – und somit als Verräter an der eigenen Sache.
Die Ziele und sein Wirken sind für zeitgenössische Historiker jedoch nicht leicht zu erkennen und zu definieren.
Es scheint, dass sein Hauptziel die Ablehnung der osmanischen Herrschaft war. Von Beginn seiner aufständischen Aktion an hatte er, ohne ein spezielles nationales Bewusstsein zu haben, die Einstellung eines christlichen Anführers entwickelt, der gegen die osmanische Herrschaft antagonisiert war und mit der IMRO zwangsweise kooperieren musste. Danach trat er der Organisation bei, hielt sich aber nicht an die Regeln, bzw. deren Gesetze.
Nach seiner Distanzierung von der IMRO und den Exarchisten, seinem Beitritt zum patriarchistischen Lager und seiner Rekrutierung für die griechische Sache war seine Haltung von Schwankungen geprägt. Da er die Beziehungen zu seinen ehemaligen Kameraden weiter pflegte und zwischen diesen beiden Lagern balancierte.
Er widersetzte sich jedoch ständig der osmanischen Herrschaft, wie die IMRO aber im Gegensatz zum Griechen Karavangelis, der mit Osmanen kooperierte.
Sein Leben und Vermächtnis
Kottas war mit Zoi Christou (geb. Sfektou) verheiratet. Sie hatten acht Kinder: Sofia, Dimitrios, Sotirios, Vasiliki, Christos, Lazaros, Paschalini und Evangelos Christou. Kottas hat noch überlebende Nachkommen in Griechenland.
Das Dorf, in dem er geboren wurde und heute zur nordgriechischen Regionaleinheit Florina gehört, wurde ihm zu Ehren in Kottas umbenannt. In seinem Geburtsort steht eine Büste von ihm. In Kastoria gibt es eine Straße, die nach ihm benannt ist. Er wird im Kapetan Kottas Museum erinnert, das an der Stelle seiner Geburt errichtet wurde.
Es soll ein bekanntes Zitat von Kottas geben:
„Das Schwierige ist den Bären zuerst zu töten, dann ist es einfach ihn zu häuten.“