Der Name Georgios Yiotas ist in der mazedonischen Öffentlichkeit kaum bekannt. Das liegt aber keineswegs daran, dass Yiotas ein unbeschriebenes Blatt war. Vielmehr macht ihn der Umstand vergessen, dass er die Seiten wechselte. Die andere Seite jedoch, gedenkt und feiert ihn als Nationalhelden.
Die mazedonische Geschichte im Streben nach Freiheit und Unabhängigkeit vom osmanischen Reich, aber auch der Agitationen der Nachbarvölker, ist gekennzeichnet von Hass, Verrat und Gewalt. Das mazedonische Volk war tief gespalten – nach Religion und Gesinnung. Es kam oft vor, dass sogar Familienmitglieder oder Verwandte auf verschiedenen Seiten kämpften.
So konnte ein Mazedonier ein „Bulgare“ sein, weil er dem bulgarischen Gottesdienst folgte, oder in einer dieser Kirchen-Schulen eine bulgarische Ausbildung bekam. Zur gleichen Zeit konnte sein Verwandter ein „Grieche“ sein. Er ging eben in die griechische Kirche und hatte eventuell auch Schulunterricht in griechisch. Doch beide haben etwas gemeinsam. Sie sind Mazedonier.
Unsere folgender Akteur im Kampf um Mazedonien, ist so ein Beispiel. Während sein Vetter in der Reihen der mazedonischen Revolutionären Bewegung IMRO stand, entschloss sich der Mann, der später als Georgios Yiotas bekannt werden sollte, für die griechische Sache zu kämpfen. In Mazedonien nennt man eine solche Person Gräkomane (Grkoman).
Georgios Yiotas – Mazedonier und griechischer Nationalheld
Georgios Yiotas (Griechisch: Γεώργιος Γιώτας), am besten bekannt als Gonos Yiotas (Griechisch: Γκόνος Γιώτας), war ein Akteur und späterer Anführer der griechischen Sache im Kampf um Mazedonien. Er wird heute in der Region Pella in Nordgriechenland als Held verehrt. Er zählt zu den bemerkenswertesten Akteueren des Kampfes, sagt man dort.

Yiotas operierte hauptsächlich rund um den Giannitsa-See und arbeitete mit anderen angesehenen Revolutionären wie Stergios Daoutis, Alexandros Mazarakis, Ioannis Demestichas und Tellos Agras zusammen. Er wurde als „Geist des Sees“ (το Στοιχείο της Λίμνης) bekannt.
Er wurde 1880 im Dorf Plugar (heutiger gräzisierter Name: Loudias), einem Dorf in der Nähe von Giannitsa in der Gemeinde Chalkidona, geboren. Sein Vater, Vasileios Yiotas, stammte aus dem Dorf Kadinovo (heute Galatades) und war Mitglied eines örtlichen griechischen Komitees.
Schon in jungen Jahren arbeitete er mit seinem Vater und seinem Bruder Konstantinos Yiotas (ebenfalls ein zukünftiger Gräkomane) auf den Feldern des Klosters Agios Loukas direkt am Giannitsa-See.
Dort lernte er den Umgang mit einer Schusswaffe, da sein Vater Wachmann war der eine Schusswaffe besaß.
Er war der erste Cousin des IMRO Anführers Apostol Petkov, der als „Sonne von Yenice-i Vardar“ bekannt wurde.
Gono war zuerst Kämpfer für die mazedonische Sache
Gonos Yiotas war von 1900 bis 1904 in der IMRO Truppe seines Cousins Apostol Petkov beteiligt, mit dem er am Ilinden Aufstand teilnahm und mehrere Gefechte gegen osmanische Truppen erlebte. Er und seine Mutter waren jedoch griechische Patriarchisten (Anhänger der griechischen Kirche). Dies führte dazu, dass er Sympathien für die griechische Sache hegte.
Als die IMRO die öffentliche Steinigung des Metropoliten von Vodena organisierte, begann er, seine Zukunft in der Organisation in Frage zu stellen. Zwischen ihm und der IMRO begann sich eine Kluft zu bilden, die nach einer Auseinandersetzung im Dorf Agios Loukas noch größer wurde.
Zu der Auseinandersetzung kam es, als drei bewaffnete Komitadjis die Kirche betraten, in der Gonos Yiotas am Sonntagsgottesdienst teilnahm, und verlangten, dass der Priester durch einen loyalen Exarchatspriester ersetzt werde. Gonos war ebenfalls bewaffnet und nach einem hitzigen Schlagabtausch überstimmte er die Komitadjis, und sie zogen ab.

Als sich die Beziehungen verschlechterten, verließ Georgios Yiotas die IMRO, schloss sich im Oktober 1904 der griechischen Seite an und trat 1905 in den Dienst des griechischen Konsulats von Thessaloniki. Er war hauptsächlich in der Gegend von Giannitsa aktiv.
Zunächst fungierte er als Führer in den Sümpfen des Giannitsa-Sees, wo ihm sein Fleiß einen guten Ruf einbrachte. Einheimische führen seine Wirksamkeit weitgehend auf seine offensichtliche Immunität gegen Mückenstiche zurück. Seine Anwesenheit erwies sich für die Griechen aufgrund seiner Kenntnis der Landschaft und der lokalen Bevölkerung als unersetzlich. Mitglieder der griechischen bewaffneten Gruppierungen die in Mazedonien eindrangen, bestanden zumeist aus „richtige“ Griechen, die südlich von Mazedonien stammten.
„Richtige Griechen“ profitierten von Gräkomanen
Diese importierte Griechen kannten weder die örtlichen Gegebenheiten in Mazedonien noch die Sprache der Mazedonier. Sie waren also auf die Hilfe mazedonischer Gräkomanen angewiesen. Von diesen Griechen lernte Yiotas die griechische Sprache, insbesondere den kretischen Dialekt. Die meisten griechischen Kämpfer in Mazedonien, die so genannten Makedonomachoi („Makedonienkämpfer“) waren Import aus dem extremen Süden Griechenlands. Verständlich, in Mazedonien waren die Griechen eine Minderheit.
Gonos Yiotas war maßgeblich an der Rückeroberung von sechs Dörfern aus dem Kirchenbereich des bulgarischen Exarchats an das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel beteiligt und hatte mehrere Zusammenstöße mit der Truppe seines Cousins Apostol Petkov erlebt.
Im März 1905 schloss er sich der ersten gut organisierten griechischen Militärgruppe an. Im nächsten Jahr arbeitete er mit Tellos Agras zusammen und erzielte große Erfolge. Ab 1908 begann er mit einer eigenen Militärgruppe zu agieren und musste Ende desselben Jahres in Athen Zuflucht suchen.
Nach der Jungtürkenrevolution forderten die Jungtürken die bewaffneten Gruppierungen Mazedoniens auf ihre Waffen niederzulegen, mit dem Versprechen einer umfassenden Reformen und Gleichheit. Viele folgten dem Aufruf der Jungtürken. Gonos Yiotas jedoch nicht.
Er operierte weiterhin rund um die Sümpfe des Giannitsa-Sees. Aber ein Freund des ehemaligen Verbündeten Apostolis Matopoulos namens Dr. Antonakis kollaborierte mit dem neuen Regime der Osmanen. Er verriet das Waffenlager im Sumpf von Gonos zum persönlichen Vorteil. Gonos reichte beim griechischen Außenministerium eine Beschwerde über den Verrat ein, die jedoch erfolglos blieb.

Er nahm sich eine Auszeit von seinem revolutionären Lebensstil und ging nach Athen, kehrte jedoch 1909 nach Mazedonien zurück, nachdem die Angriffe der Exarchisten auf „griechische Patriarchisten“ Dörfer wieder zugenommen hatten. Bei seiner Rückkehr in den Konflikt geriet seine bewaffnete Truppe erneut in Konflikt mit der seines Cousins ersten Grades, Apostol Petkov. Im November 1909 verzeichnete Gonos 86 Abschüsse, 21 in Gefechten und 65 aus Hinterhalten.
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Im Jahr 1910 wurden er und seine Mitanführer Lazos Dogiamas und Athanasios Betsos mit der Führung in Athen unzufrieden. Sie machten ihre Unzufriedenheit deutlich, was dazu führte, dass die drei Revolutionäre von den griechischen Behörden als Räuber eingestuft und verfolgt wurden.
Im Jahr 1911 hatten sich Gerüchte verbreitet, dass Gonos Yiotas über die Aktionen seiner ehemaligen Verbündeten Apostolis Matopoulos und Dr. Antonakis und deren Zusammenarbeit mit den Jungtürken verärgert war. Matopoulos war alarmiert und floh aus Sicherheitsgründen aus der Region.
Verrat führte zu seinem Tod
Nach einem Verrat wurde Gonos Yiotas am 12. Februar 1911 während einer Operation der osmanischen Armee getötet, die zu seiner Einkreisung am Giannitsa-See führte. Viele haben spekuliert, dass Matopoulos und/oder Dr. Antonakis für den Verrat verantwortlich waren. Matopoulos floh in die Vereinigten Staaten, während Dr. Antonakis wegen seiner „Gefährdung der griechischen Sache“ später hingerichtet wurde.
Nach seinem Tod wurde der Leichnam von Gonos Yiotas geborgen und auf dem Friedhof von Giannitsa begraben.
Er wird als Lokalheld in der Region Pella in Griechenland geehrt. In Giannitsa, der Stadt, in der er ruht, tragen eine Straße und ein Platz seinen Namen.

Es gibt zwei identische Büsten von ihm, eine auf dem Vasileios-Romfei-Platz in Thessaloniki und eine auf dem Gonou-Yiota-Platz in Giannitsa. Einige seiner Besitztümer sind im Volkskundemuseum von Giannitsa ausgestellt.
Er wird in den „Geheimnissen des Sumpfes“ von der berühmten Penelope Delta erwähnt. Seine überlebenden Nachkommen leben in Griechenland und einige sind in die USA ausgewandert.
Sein Geburtsname war Georgi Jotov. In der mazedonischen Geschichtsschreibung wird er als Gono Jotov geführt.