Mazedonische Archäologen melden einen Sensationsfund. Wie sie stolz vermelden, haben sie nun die im Land älteste Abbildung eines Mannes auf einem Keramikgefäß entdeckt. Aus dem Neolithikum, etwa 6000 Jahre vor Christus. In der archäologischen Stätte von Ogradje in der Nähe des Dorfes Orman, wurden die Funde gemacht,. Das bestätigt der mazedonische Archäologe Pero Sinadinovski, MA.
Die Ausgrabungen wurden allerdings schon im Herbst letzten Jahres durchgeführt. Aber diese einzigartige Entdeckung wurde erst vor zwei Monaten während der Kabinettsrecherche und -verarbeitung des gefunden Materials verzeichnet.
Die Forschung wurde vom Naturschutzzentrum Skopje durchgeführt, in dem sich das archäologische Material derzeit befindet. Der Investor der Studie war Herr Igor Stevkovski, Eigentümer des Grundstücks wo die Funde gemacht wurden. Auf seinem Hab und Gut gab es Hinweise auf eine Siedlung aus dem Neolithikum.
Der derzeit arbeitslose Archäologe Pero Sinadinovski war an den Ausgrabungen des Denkmals der alten Siedlung Konjushnica in der Nähe des Dorfes Orman beteiligt. Er leitete die Ausgrabungen als auch Untersuchungen mit einer Sonde auf dem Feld.
Die Ausgrabungen wurden von Vera Atanasovska, Archäologin, leitende Konservatorin, und Nikola Gjurovski, Archäolog, Konservator und den Archäologen Kiril Denkovski, Nenad Pivko und Gjorgji Bukcevski, geleitet.
Die mazedonische Gesetzgebung besagt, dass, wenn archäologische Objekte auf einem Privatgrundstück einer Person „zum Vorschein kommen“, die Lokalität erkundet, die Objekte dokumentiert und entfernt bzw gesichert werden müssen, damit der Eigentümer sein Land nutzen kann.
Zweischichtige Siedlung aus dem Mittel Neolithikum
Die archäologische Stätte Ogradje befindet sich auf der Südseite des Dorfes Orman. Kurz vor dem Dorfeingang von der Straße nach Volkovo, nahe (nordwestlich) der mazedonischen Hauptstadt Skopje. Die alte Siedlung befindet sich auf einer niedrigen Terrasse etwa 500 Meter westlich des Flusses Lepenec.
– An dieser Stelle wurden Artefakte aus dem 5. bis 6. Jahrhundert, und der Jungsteinzeit um die Mitte des 6. Jahrtausend vor Christus entdeckt. An der Stelle, an der sich die höchste Konzentration neolithischer Keramik auf der Oberfläche befand, forschten wir mit einer Sonde mit Abmessungen von 12 x 9 Metern. Wir fanden eine zweischichtige neolithische Siedlung aus dem Mittel Neolithikum als Teil der Kulturgruppe Anzabegovo-Vršnik in 3-4 chronologischen Phasen. Diese Siedlung lebte um die Mitte des 6. Jahrtausends vor Christus, als es mehrere Siedlungen in und um das heutige Skopje gab. Siedlungen wie Tumba Madžari, Slatina in der Nähe des Dorfes Zelenikovo, Cerje in der Nähe von Govrlevo und andere. – erklärt der Archäologe Sinadinovski.
Die Archäologen hatten das Glück, interessante Situationen in beiden erforschten Schichten zu entdecken: bewegliche Objekte und Bauten.
In der jüngeren Schicht entdeckten sie das Fundament eines Hauses, das sie auf einer Fläche von 7×4 Metern ausgruben. Sie konnten es aufgrund des begrenzten Platzes nicht in voller Größe ausgraben. Das Haus wurde aus Erde und Schlamm gebaut, die auf eine Holzschicht aufgetragen wurden, der Boden bestand aus verdichteter Erde. In der nördlichen Ecke des Hauses fanden sie den Boden eines Ofens. Um diesen sich eine Mühle und zwei Mühlsteine befanden (die oberen Steine, mit denen die Mühle gepresst wurde).
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– Etwa 3-4 Meter östlich des Hauses wurden zwei offene Feuerstellen entdeckt. Nördlich des Hauses wurden eine Gruppe von 8 Steinen und ein Kamin lokalisiert. Kollegen aus Serbien und Spanien analysierten die entdeckten Steine. Sie stellten fest, dass zwei davon für die Lebensmittelverarbeitung und einer für Knochen- und Steinwerkzeuge verwendet wurden. Es ist wahrscheinlich ein wirtschaftlicher Teil der Siedlung, in der Lebensmittel verarbeitet und zubereitet wurden, sowie Knochen- und Steinwerkzeuge. Eine Art Sommerküche, was durch das Vorhandensein von Fragmenten von Vorratsgefäßen bestätigt wird.
In der älteren Schicht wurden auch Reste eines Hauses und eines offenen Kamins 6 Meter östlich davon entdeckt. Aufgrund der Situation in der jüngeren Schicht können wir davon ausgehen, dass das Haus unter einem Brand litt. Sowie für kurze Zeit vom Fluss Lepenec aus dem Norden überflutet wurde – erklärt Sinadinovski weiter.
25 Fragmente anthropomorpher Hausmodelle der „Großen Mutter – Göttin der Fruchtbarkeit“ entdeckt
Aufgrund der Flut in der neolithischen Siedlung wurden viele sich bewegende Objekte von ihrem Ursprungsort entfernt und fragmentiert. Wie zum Beispiel ein Gefäß aus dem Haushalt, welches durch die Fluten von seinem eigentlichem Standort weggeschwemmt wurde.
Bei den Ausgrabungen in Ogradje haben die Archäologen rund 2.200 Keramikfragmente entdeckt. Sie heben besonders die schwarz gemalten Figuren als echte Meisterwerke der Keramik aus dem Neolithikum hervor.
Wie Sinadinovski sagt, konnten glücklicherweise mehrere Gefäße vollständig rekonstruiert werden.
Zusätzlich zu der Keramik haben die Archäologen auch 25 Fragmente anthropomorpher Modelle der „Die große Mutter – Göttin der Fruchtbarkeit“ entdeckt. (Great mother – goddess of fertility, Големата Мајка Божица – заштитницата на плодноста). Desweiteren bargen sie mehrere anthropomorphe Figuren, Altäre, Knochenwerkzeuge, Feuersteine und Steinmesser, Äxte usw.
– Ich möchte auf eine Darstellung eines Mannes eingehen, der auf die Unterseite eines Gefäßes auf hohe, massive Beine dargestellt wurde. Der obere Teil des Körpers wurde mit einer dickeren vertikalen Linie gezeichnet, aus der die Arme hervorgehen. Ein Arm wurde an den Ellbogen nach unten abgewinkelt und auf die Oberschenkel des Wesens gelegt. Der andere ist nach oben abgewinkelt, ebenfalls ab dem Ellbogen. Die Oberschenkel sind überbetont und die Beine sind im unteren Teil spitz. Ikonografisch erinnert dieses Stück an anthropomorphe Hausmodelle, weil die Oberschenkel überbetont sind und ein Arm darauf ruht, so dass es auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, es sei ein weibliches Wesen.
Bei einer genaueren Untersuchung der Darstellung bemerkten wir jedoch das Vorhandensein eines dritten Beins, das neben dem linken Bein gemalt war. So kamen wir zu dem Schluss, dass es eine Darstellung der Männlichkeit des neolithischen Mannes oder vielleicht des Gottes der Fruchtbarkeit in der Jungsteinzeit war. Dies ist definitiv die älteste Darstellung eines Mannes, der auf einem Keramikgefäß auf dem Territorium unseres Landes abgebildet wurde. sagt Sinadinovski stolz.
Solche Abbildungen aus der Jungsteinzeit selten
Er fügt hinzu, dass solche Abbildungen aus der Jungsteinzeit in diesem Teil des Balkans selten sind. Es gibt einige seltene Beispiele in der Nachbarschaft Mazedoniens, die chronologisch mit diesem Befund zusammenhängen – einige befinden sich in Bulgarien und Griechenland.
Es gibt eine größere Anzahl von Reliefdarstellungen eines Mannes auf dem Geschirr, hauptsächlich mit ähnlicher Ikonographie und Körperanordnung. Laut Sinadinovski gibt es in unserem Land eine ähnliche Darstellung in der Ortschaft Cocev Kamen in der Region Kratovo. Dort, wo in einer kleinen Vertiefung im Felsen Gemälde menschlicher Darstellungen zu sehen sind. Die Zeichnungen sind nicht genau datiert. Aber aufgrund des Vorhandenseins einer Siedlung aus dem Neolithikum ist es möglich, dass sie ebenfalls aus dieser Zeit stammen.
– Wenn der Begriff „junge Steinzeit“ erwähnt wird, denken viele oft, dass es Menschen waren, die weder ihre eigene Sprache noch Kunst oder Kultur hatten. Das sie mehr oder weniger wilde Menschen waren, die mit Steinen klopften und seltsame Laute von sich gaben. Dies ist ein völlig falsches Bild für diese vergangene Zeit.
Diese Menschen hatten ein sehr gut organisiertes Leben. Landwirtschaft und Tierhaltung waren ihre Hauptwirtschaft, sie bauten große Siedlungen und Häuser, einige Siedlungen zählten sogar mehrere tausend Einwohner. Sie besaßen ihre eigene Religion, ihre eigene Kunst, ihre eigene Kultur usw. – sagt Sinadinovski ehrfürchtig.
Keramikhandwerk und Keramikkunst zu dieser Zeit recht entwickelt
Das gefundene archäologische Material zeigt nach wie vor deutlich, dass das Keramikhandwerk und die Keramikkunst zu dieser Zeit recht entwickelt waren. Die Menschen kommunizierten mit den benachbarten Siedlungen, aber auch mit den Siedlungen aus dem weiteren Teil des Balkans.
– Ein passenderer Begriff für diese Zeit wäre eigentlich „Keramikzeit“, da das Keramikhandwerk so gut beherrscht wurde, dass sie eine so hochwertige und schöne Keramik herstellten, die sich in der Geschichte dieses Gebiets niemals wiederholen wird. Und das alles ohne einen Keramikstift, der viel später erfunden wird. Die Menschen aus dieser Siedlung kommunizierten zweifellos mit den Siedlungen aus Skopje, wo identische materielle Kultur, anthropomorphe Darstellungen, Altäre und Architektur entdeckt wurden.
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All dies zeugt davon, dass sich in der Jungsteinzeit auf einem größeren Gebiet im Osten und Norden Mazedoniens eine starke Kultur namens Anzabegovo-Vršnik entwickelte. Nachdem zwei Orte in der Nähe der Dörfer Anzabegovo in der Nähe von Sveti Nikole und Tarinci in der Region Kočani ausgegraben worden waren. So waren diese Siedlung, Tumba Madžari und andere Siedlungen aus Skopje die wenigen Lichtblicke, die am Abend in der Jungsteinzeit leuchteten und die uns mit ihrem Wissen und ihrer Kunst eine wunderbare materielle Kultur hinterließen, die wir heute entdecken und die uns dem täglichen Leben der Menschen im Neolithikum näher bringt. – sagt Sinadinovski abschließend.
QUELLE: Fakulteti.mk (Mazedonisch), übersetzt von Makedonien.mk