Aquädukt, Skopje.

Das Aquädukt von Skopje – Ein vergessenes Meisterbauwerk

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Mazedonien beherbergt viele Bauwerke aus der ‚alten Zeit“ und nicht wenige sind sogar weltweit bekannt, man denke hier nur an Ohrid. Bilder aus der Altstadt und seinen alten Sehenswürdigkeiten oder der Festung begegnet man in globalen Medien und Touristenführern. Aber ein altes Bauwerk, welches eigentlich das Prädikat Postkarten-Motiv absolut verdient, steht etwas Abseits. Es wurde auch von den mazedonischen Institutionen oft vergessen und vernachlässigt. Das Aquädukt von Skopje!

Was es besonders macht?

Das Aquädukt von Skopje ist natürlich zuerst das einzige Aquädukt in Mazedonien. Aber auch eines der drei größten und am besten erhaltenen im ehemaligen Jugoslawien. Zusammen mit dem Diokletian-Aquädukt in der Nähe von Split, Kroatien und dem Aquädukt in Bar, Montenegro.

Jüngst haben sich die mazedonischen Institutionen (Kulturministerium und Amt für den Schutz des Kulturerbes) dazu entschlossen das Bauwerk zu konservieren und zu restaurieren. Darüber hinaus hat man kürzlich beschlossen, das Aquädukt zu einem Kulturerbe von besonderer Bedeutung zu erklären. Eine Unterkategorie von außergewöhnlicher Bedeutung, da dieses prächtige Denkmal nicht nur Werte von großer nationaler Bedeutung hat, sondern auch der Menschheit gehört. Ein perfekter Anlass für uns das vergessene aber imposante Bauwerk Euch hier vorzustellen.

Nun aber genug mit der Vorrede, hier erfahrt nun mehr über das antike Bauwerk.

Das Aquädukt von Skopje – Wer hats gebaut, und wann?

Das Skopje-Aquädukt (mazedonisch: Скопски аквадукт) steht in der Nähe von Vizbegovo 2 km nordwestlich von Zentral-Skopje. Oder besser gesagt, das was von dem Bauwerk noch übrig ist. Aber schon zu Anfang kommen wir zu einer schwierigen Frage.

Denn, die Frage, wann und von wem das Aquädukt von Skopje eigentlich erbaut wurde, ist bis heute unklar. Es gibt drei favorisierte Theorien, wann und von wem das Bauwerk errichtet wurde:

  • während der Herrschaft Roms (1. Jahrhundert). Laut dieser Theorie versorgte das Aquädukt die Legionssiedlung Scupi mit Wasser.
  • in der Zeit des Oströmischen Reiches, oder Byzantinisches Reich wie man umgangssprachlich auch sagt. Und zwar, während der Regierungszeit von Kaiser Justinian I., der zwischen 527 und 565 nach Christus regierte. Dieser Theorie zufolge transportierte das Aquädukt Wasser in die von ihm errichtete neue Siedlung Namens Justiniana Prima.
  • während der Herrschaft des Osmanischen Reiches. Laut dieser Theorie soll das Aquädukt erst im 16. Jahrhundert für die vielen türkischen öffentlichen Hamams (Bäder) gebaut worden sein.

Wie Ihr nun gesehen habt ist das Datum seiner Erbauung als auch der Bauherr nicht sicher bestimmt und bekannt. Jedoch wird von den drei Theorien jene favorisiert, dass es auf Justinian I. zurückgeht. Deshalb wird es auch oft als Justinian-Aquädukt bezeichnet.

Berühmter römischer Chronist wird oft zitiert

Viele Historiker haben Prokopios (den berühmten Chronisten von Justinians Herrschaft) bezüglich des Bauwerks zitiert.

Laut Prokopios von Caesarea wurde das Wasserversorgungssystem eben im 6. Jahrhundert, in der Regierungszeit von Justinian I. zwischen 527 bis 565 n. Chr. erbaut.

Und in der Nähe dieses Ortes baute er eine sehr bemerkenswerte Stadt, die er Justiniana Prima nannte (was in der lateinischen Sprache „Erste“ bedeutet) und damit dem Haus, das ihn pflegte, seinen Dank zollte. Aber alle Römer hätten diese Schuld untereinander teilen sollen, denn dieses Land nährte einen gemeinsamen Retter für sie alle. Auch an dieser Stelle baute er ein Aquädukt und sorgte so dafür, dass die Stadt reichlich mit ständig fließendem Wasser versorgt wurde.

Prokopios von Caesarea – De Aedificiis, 4.17

Man muss aber hierbei anmerken, dass die heutige Geschichtsschreibung Justiniana Prima im südlichen Serbien lokalisiert. Diese Annahme gilt aber weiterhin als nicht gesichert. Der andere Standort der in Betracht gezogen wird, ist der Raum um Skopje. Dort wurde Justinian I. geboren, in Tauresium (heutiges Dorf Taor).

Aber, Aufgrund der Ähnlichkeit der Bautechnik des Aquädukts mit der Karawanserei Kurshumli An in Skopje, sind einige Historiker eher der Meinung, dass es nicht aus der byzantinischen Zeit stammt. Sondern erst im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Als die Osmanen als neue Herrscher etliche neue Gebäude in Skopje errichteten: Bäder und nicht wenige Moscheen, deren Bau und Betrieb große Mengen an sauberem Wasser erforderten.

Diese Theorie und der Zusammenhang zwischen der Ähnlichkeit der Mauerwerkstechnik sollte jedoch nicht immer blind gefolgt werden. Das meint das mazedonische Architektonische Institut. Die osmanische Architektur wurde damals stark von der byzantinischen beeinflusst, heißt es auf ihrer Webseite im Beitrag zu diesem Bauwerk. Es sei kein solider Beweis für eine osmanische Herkunft. Ein ähnliches Dilemma besteht bei der alten Steinernen Brücke im Zentrum von Skopje, dem Kameni Most.

Wie dem auch sei, das Wasser wurde über Rohre, die von West nach Ost verliefen, durch das Aquädukt transportiert. Dieses Aquädukt war sogar noch bis zum 18. Jahrhundert in Betrieb. Von seiner Struktur aus Stein und Ziegeln sind heute jedoch nur noch etwa 386 Meter mit 55 Bögen übrig.

Frisches Wasser aus der Skopska Crna Gora

Allgemein wird angenommen, dass über das Aquädukt frisches Wasser aus der Quelle Lavovec (beim Dorf Gluvo im Berg Skopska Crna Gora), etwa 9 Kilometer nordwestlich von Skopje, entnommen wurde und Wasser ins Stadtzentrum lieferte.

Im Jahr 1669 schrieb der englische Reiseschriftsteller Dr. Browne, dass „das Aquädukt ein wunderschönes altes Gebäude ist, das diesem Ort großen Respekt entgegenbringt.“

Der mazedonische Revolutionär Gjorche Petrov schrieb auch in seinem Buch „Materialien nach dem Studium Mazedoniens“ von 1896 über das alte Skopje-Wasserversorgungssystem.

Er schrieb nämlich, dass das Wasserversorgungssystem am Fuße von Skopska Crna Gora begann, welches 2 ½ Stunden (zu Fuß versteht sich) von Skopje entfernt oberhalb des Dorfes Gluvo liegt, wo ein nicht sehr breites Loch in den Boden gegraben wurde.

Die Wände des Lochs wurden mit einer Mauer versehen, auf der ein Eisengitter stand, um das Eindringen von Schmutz zu verhindern. Dieses bescheidene Loch war der Beginn des berühmten wohl antiken Wasserversorgungssystems von Skopje.

62 Pfeiler, jeder 6 Meter hoch, 5 Meter lang und 4 Meter breit

Darüber hinaus gab Gjorche Petrov die folgende Beschreibung des Ausbaus, des Aussehens und des Baus des Aquädukts ab.

Unten unterhalb des Dorfes Brazda trifft das Wasserversorgungssystem auf einen Hügel, der den Fluss Banjanka überquert. Entlang des Flusstals kürzt das Wasserversorgungssystem die Höhe und geht hinunter, bis es gegenüber Skopje erreicht. Das Tal der Kriva Reka (stromabwärts von Banjanka) liegt deutlich niedriger als die Festung, da sich sein linkes Ufer in Form eines Hügels über die Stadt erhebt. Um vom Dorf Orizari aus den Gipfel dieses Hügels erklimmen zu können, führt die Furche entlang einer auf Pfählen gestützten Brücke. Diese Brücke (Aquädukt) hat 62 Pfeiler, von denen jeder 6 Meter hoch, 5 Meter lang und 4 Meter breit ist.“

Petrov kannte die historische Bedeutung des Bauwerks nicht, denn zu dieser Zeit war das Aquädukt schon ohne Bedeutung und wurde vernachlässigt.

Eine weitere Anekdote besagt, das direkt am Ufer von Banjanka und nur wenige Schritte vom Beginn der Wasserversorgung entfernt sich ein Brunnen mit „üppigem, kaltem Wasser, herrlich zum Trinken“ befand.

Einige Paschas (wahrscheinlich der berühmte Hamzi-Pascha) wollten dieses Wasser auch in die Wasserversorgung mit einbringen, aber die umliegenden Dorfbewohner erhoben sich gegen den Pascha und ließen dies nicht zu, denn dieser Brunnen wurde verwendet um das zahlreiche Vieh zu tränken.

Architektur des Aquädukt von Skopje – wie viele Bögen und Pfeiler sind es?

Im Laufe seiner Geschichte sind sich viele Reisende, Historiker und Schriftgelehrte, die über das Aquädukt von Skopje geschrieben haben, bis heute immer noch uneinig über die Anzahl seiner Bögen. Nach einigen Behauptungen waren es 200, dann mal 60. Die Anzahl von 55 Bögen ist in der „Encyclopedia of Fine Arts“ verzeichnet, 1960 in Zagreb veröffentlicht.

Laut Angaben aus dem Jahr 1514, zählte das Aquädukt 55 Bögen, die auf massiven quadratischen Säulen standen, mit 42 Öffnungen zur Erleichterung der Mauermasse. Nach der Beschreibung von Gjorche Petrov aus dem Jahr 1896 hatte die Aquäduktbrücke jedoch 62 Pfeiler, jede 6 Meter hoch, 5 Meter lang und 4 Meter breit.

In seiner architektonischen Zusammensetzung enthält die archäologische Stätte Skopje Aquädukt in Nord-Süd-Richtung zwei Zugangsrampen, 53 Säulen, 54 Grund- und 42 kleinere Bögen der gefundenen erleichterten geschlossenen und offenen Öffnungen über den Säulen. Die Gesamtlänge des Kulturdenkmals beträgt heute laut Daten 387,98 m. Die Höhe der Südrampe beträgt 279,5 m und die Nordrampe 280,5 m bzw. mit einem Niveau-Unterschied von 1,025 m im aktuellen Zustand.

Zu Aussehen, Zustand, Datierung und Funktionsweise des Aquädukts gibt es mehrere alte Zeichnungen und Fotografien. Darunter Aufzeichnungen berühmter Historiker und Chronisten, sowie von ausländischen Reiseschriftstellern als auch Aufzeichnungen von Diplomaten und Besuchern. Aber auch wichtig sind die Aufzeichnungen von Führern und Papieren von Militärs, Ingenieuren, Kunsthistorikern und allwissenden Wissenschaftlern.

So zählte zum Beispiel im Jahr 1560 ein namenloser venezianischer Reiseschriftsteller 60 Bögen am Skopje-Aquädukt.

(Noch) Kein Touristischer Hotspot

Im Gegensatz zu seiner imposanten Erscheinung ist das Aquädukt von Skopje kein touristischer Hotspot, oder Teil einer klassischen Touristenführung. Das soll sich nun ändern, wie wir Eingangs erwähnten, soll es nun konserviert und restauriert werden. Das Aquädukt wurde zuletzt nach dem Erdbeben von Skopje im Jahr 1963 wieder aufgebaut. Drei Bögen und zwei Pfeiler hat man repariert, die durch die Stärke des Erdbebens beschädigt wurden.

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Das es etwas außerhalb von Skopje liegt man ein Grund sein warum es selten besucht wird. Aber auch eine fehlende Infrastruktur dorthin war und ist immer noch ein großes Manko. Man erreicht die alte Wasserleitung nur über holprige Feldwege. Das es keine Beschilderung giebt, wie man dorthin kommt, muss man wohl kaum erwähnen. Diese sind sogar bei absolute Hotspots Mangelware oder erst gar nicht vorhanden.

„Das Aquädukt von Skopje ist eines der letzten vollständig erhaltenen auf dem Balkan. Leider können wir uns damit nicht rühmen. Das Meisterwerk der alten Baumeister trotzte den Jahrhunderten, den Naturkatastrophen, den Kriegen und den Menschen die sorglos damit umgingen.“ heißt es dazu passend aus dem Kulturministerium (Stand 08/2021).

Restaurierungsarbeiten kosten Zeit, und Geld

Diese umfangreichen aber auch teuren Arbeiten zur Konservierung und Restauration werden wahrscheinlich einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Die Arbeiten beginnen quasi von Null an. Es soll an mehreren Abschnitten des Aquädukts gearbeitet werden. Weitere Experten aus verschiedenen Bereichen, Architekten, Restauratoren, Historiker und andere sollen demnach beteiligt sein.

Man hoffe, dass „dies der Beginn eines Plans sein wird, bei dem das Aquädukt einen geeigneten Platz für Skopje und für alle Touristen und allen Bürgern des Landes bekommt.“ Es soll „ein sehr schöner Ort für verschiedene Veranstaltungen, für die Jugend, für die Kultur, der Kunst weiteren Bereichen werden“.

Zuerst sollen mit Aktivitäten rund um den Kanal beginnen. D.h. das Wasser, das hier einst reichlich vorhanden war, soll wieder auf den anderen Kanal gelenkt werden. Der nächste Schritt besteht dann darin, die Säulen zu stärken.

Die Regierung hat kürzlich beschlossen, das Aquädukt zu einem Kulturerbe von besonderer Bedeutung zu erklären. Eine Unterkategorie von außergewöhnlicher Bedeutung, da dieses prächtige Denkmal nicht nur Werte von großer nationaler Bedeutung hat, sondern auch der Menschheit gehört. Damit erhielt das Aquädukt von Skopje die höchste Schutzmaßnahme. Dies ermöglicht eine dauerhafte Erhaltung seiner Werte in kultureller und historischer Hinsicht.

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